50 Jahre Alpine A310
Anfang 1971 nahm der französische Sportwagenhersteller Alpine den neu entwickelten A310 ins Programm. Es war gerade einmal das vierte Straßenfahrzeug der Markengeschichte nach A106, A108 und dem im Rallyesport erfolgreichen A110. Letzterer verblieb parallel zum A310 im Programm. Zugleich war dies das letzte unter Firmengründer Jean Rédélé entwickelte Projekt. Ab 1973 übernahm Renault nach und nach die Aktienmehrheit am Unternehmen. 1978 verkaufte Rédélé seine restlichen Anteile und trat als Vorstandsvorsitzender zurück. So firmierten die Autos erst unter der Bezeichnung Alpine Renault und ab den 1980er Jahren als Renault Alpine.
2+2-Sitz-Konzept schwierig umzusetzen
Die Entwicklung der Alpine A310 begann bereits 1968. Im Vergleich zum sehr sportlichen A110 sollte das neue Modell ein komfortables Sportcoupé werden. Hierfür sah das Team rund um Chefingenieur Richard Bouleau ein 2+2-Sitzer-Konzept vor, das sich allerdings als schwierig umzusetzen erwies. Ähnlich wie beim Porsche 911 ist die Kopffreiheit im Fond gering. Auch der Platz für die Beine und vernünftig lange Sitzauflagen fand sich nicht. Stattdessen gibt es zwei starke Vertiefungen, in denen die Insassen in Froschhaltung verharren müssen. Um ein wenig Geld zu sparen, übernahm das Entwicklungsteam den Zentralrohrrahmen vom A110 GT4, der leicht verlängerten viersitzigen Version des Sportwagens. Die angetriebene Hinterachse entstammte grundsätzlich dem Renault 8, kam aber mit doppelten Querlenkern anstatt als Pendelachse. Das Vierzylindertriebwerk entstammte dem Renault 16 TS. Eigentlich wollte Jean Rédélé von Anfang an den neuen PRV-V6-Motor (von Peugeot, Renault und Volvo) verwenden. Dieser war jedoch nicht rechtzeitig fertigentwickelt worden.
Kein Kofferraum vorhanden
Damit standen anfänglich nur 85 kW/115 PS zur Verfügung. Ab 1973 ging der A310 SI mit elektronischer Einspritzanlage und 91 kW/124 PS in den Export. Als Folge der weltweiten Ölkrise brachte Alpine 1976 die A310 SX mit lediglich 70 kW/95 PS heraus. Im Gegensatz zu anderen Sportwagenprojekten aus der gleichen Zeit verbaute Alpine auch im A310 den Motor hinter der Hinterachse. Um eine gute Gewichtsverteilung zu erreichen, wanderten der Wasserkühler, der Benzintank und das Ersatzrad unter die vordere Haube. Abgesehen von der Reserveradmulde gab es keinen wirklichen Kofferraum. Daher ließen viele Kunden das Rad in der heimischen Garage und nutzten zudem die hinteren Notsitze für Einkäufe und Gepäck. Wie bereits die A110 entstand auch die A310 aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Alle Karosserieteile laminierten die Mitarbeiter in Dieppe von Hand. Allerdings schnitt man Türen und Hauben aus jedem Auto einzeln aus, wodurch Ersatzteile jeweils angepasst werden müssen.
Fiore-Design intern verfeinert
Auf dem Genfer Automobilsalon im März 1971 debütierte der Alpine A310 erstmals. Für die Karosserie zeichneten Michel Beligond und Yves Legal verantwortlich. Sie orientierten sich allerdings an einem Entwurf von Trevor Fiore, der als freier Mitarbeiter bei Carrozzeria Fissore arbeitete. Vermutlich bekam Peter Monteverdi diese Zeichnungen in den 1960er Jahren ebenfalls zu sehen und entwickelte daraus seinen Supersportwagen Hai 450 mit ähnlichen Designdetails. Alpine verfeinerte die Formen in einem Windkanal. Hier entstand auch die Idee, die Scheinwerfer unter Klarglas zu verbergen. Diese wurde anfänglich nur durch einen schmalen zentralen Steg unterteilt und zog sich über die gesamte Frontpartie. Hinten übernahm man eine damals populäre Lösung und verbaute anstelle einer Heckscheibe schuppenartig übereinander angeordnete schwarze Kunststoffelemente. Dieses Detail fand jedoch bei verschiedenen Zulassungsbehörden keinen Gefallen, weshalb es ab 1974 serienmäßig eine Glasheckscheibe gab. Ebenso wanderten die Rückleuchten, die beim Präsentationsauto über der Stoßstange saßen, für die Serienfertigung unter dieselbige.
PRV-V6-Motor ab 1976 im Programm
Erst Anfang 1975 vermeldeten die Ingenieure von Peugeot, Renault und Volvo, dass ihr neuer V6-Motor einsatzbereit sei. Bis zur einsetzenden Ölkrise gab es sogar Planungen für eine V8-Variante, die jedoch schließlich im Entwurfsstadium verblieb. Bei Alpine entstand nun endlich die ursprünglich angedachte V6-Version des A310. Hierfür mussten im Heck alle Motoraufhängungen neu angebracht werden. Zudem erhielt die Karosserie ein Facelift mit kleineren Scheinwerfern. Diese hatten nur noch vier statt sechs Einzelleuchten. Vor der Windschutzscheibe entfielen die Lufteinlässe und auf dem Heckabschluss saß nun eine kleine Spoilerlippe. Mit 110 kW/150 PS aus 2,7 Litern Hubraum stand der A310 V6 ab 1976 bei den Händlern. Diese hatten damit nun endlich ein gutes Argument im Köcher, um die Verkaufszahlen des A310 zu erhöhen. Aufgrund des hohen Preises, der auf dem Level des Porsche 911 S angesiedelt war, hatte man vom Vierzylindermodell nur etwa 2.340 Exemplare abgesetzt.
Rallye-Erfolge kamen zu spät
Bis 1985 folgten auf diese ernüchternde Zahl volle 9.276 A310 V6. Damit übertrumpfte er sogar den kleineren A110. Man muss jedoch dazu sagen, dass ab 1977 der A110 nicht mehr parallel angeboten wurde und Alpine-Kunden somit keine Wahl mehr hatten. Im Herbst 1980 modifizierte Robert Opron Front und Heck des Wagens. Die schmalen Gummistoßstangen ersetzte er durch dunkelgraue Kunststoffschürzen. Ebenso entfielen die Dreiloch-Felgen zugunsten der Räder des Renault 5 Turbo mit vier Schraublöchern. Ab 1981 standen 225 km/h Höchstgeschwindigkeit in den Papieren – schnellster französischer Neuwagen. Für den Spurt auf Tempo 100 gab Alpine 7,8 Sekunden an. Zwei Jahre später erschien der A310 S (in anderen Märkten A310 GT Pack) mit verbreiterter Karosserie und ausgestellten Kotflügeln. Damit knüpfte man an die Rallyeversion der A310 an, die mit rund 270 PS Leistung 1976 und 1977 erfolgreich einsetzt wurde. Durch die Firmenübernahme 1978 endeten diese Einsätze leider zugunsten des Renault Formel-1-Teams.
Bilder: Alpine, Renault