ASA 1000GT und 1100GT

Autofans werden wissen, dass der Sportwagenbauer Ferrari seit nunmehr 71 Jahren als eigenständige Marke existiert. Anfänglich baute das Team rund um Firmengründer Enzo Ferrari ausschließlich Rennfahrzeuge, die zum Teil auch straßentauglich waren und alle eines gemeinsam hatten: Einen V12-Motor unter der Haube. Ab Ende der 1950er Jahre arbeiteten einige Techniker allerdings an einem deutlich kleineren Sportwagen, um auch diesen Markt, den beispielsweise Porsche mit dem 356 erfolgreich beackerte, bedienen zu können. Ursprünglich soll es sogar Planungen gegeben haben, dieses Fahrzeug im offiziellen Ferrari-Programm anzubieten.

Für den ersten Prototypen nutzte man das zugekaufte Chassis eines Fiat 1200 mit eigener Pininfarina-Karosserie, in dem die erste Baustufe des neuen Vierzylindermotors mit damals noch 850 Kubikzentimetern verbaut wurde. Dieser entstammte in seinen technischen Grundzügen dem drei Liter großen Colombo-V12 und erhielt passenderweise die interne Bezeichnung ‚854‘ für den exakten Hubraum, der exakt einem Drittel des Zwölfzylinders entspricht. Bis zum Serienstart wurde das Triebwerk noch auf einen Liter Hubraum vergrößert. Da der komplett unbezeichnete Prototyp mit Enzo Ferrari hinter dem Lenkrad gesehen wurde, erhielt er schnell den Spitznamen ‚Ferrarina‘. Auf der Jahresendpressekonferenz 1959 zeigte der Firmenchef erstmals einen Motorprototypen öffentlich. Im Hintergrund liefen weitere Entwicklungen inklusive eines eigenen Rohrrahmen-Chassis von Giotto Bizzarrini mit doppelten Querlenkern vorn, Starrachse mit Längslenkern hinten, speziell entwickelten Dunlop-Scheibenbremsen und einer schnittigen Bertone-Karosserie. Gezeichnet wurde diese übrigens vom jungen Giorgetto Giugiaro, der damals in Turin bei Bertone arbeitete. Dort, auf dem Bertone-Stand des Autosalon in Turin, fand auch die Weltpremiere des Fahrzeugs 1961 statt. Da zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Entscheidung getroffen war, ob der Wagen Ferrari heißen würde oder nicht, prangte auf der Motorhaube ein gelbes Rechteck mit der blauen Aufschrift ‚1000‘.

Letztlich entschied sich Enzo Ferrari gegen dieses Fahrzeug für seine Modellpalette, bot jedoch den Vertrieb über die Ferrari-Händler an. Zudem hatte er bereits in der Entwicklungsphase diverse Möglichkeiten ausgelotet, die Lizenz für den Bau dieses Wagens zu vergeben und dabei selbst Rüstungsfirmen angesprochen. Letztlich kam eine Kooperation mit der De Nora Familie aus Mailand zustande, die gemeinsam mit einigen Rennfahrern die ‚Autocostruzione Società per Azioni‘ gründeten, kurz: ASA. 1962 stand ein weiterentwickeltes Vorserienauto bereit, die Produktion des Coupés unter dem Namen 1000GT und dem 98 PS starken Vierzylindermotor unter der Haube begann jedoch erst ab 1964. Später folgte auch eine Spider-Variante und die Möglichkeit, einen 1,1 Liter großen Motor mit rund 110 PS zu ordern, der ursprünglich für eine Rennversion des ASA entwickelt wurde.

Hyman Ltd bietet aktuell ein wunderschönes, rot lackiertes ASA 1000GT Coupé an, das am 16. März 1967 von Luigi Chinetti Motors an die Erstbesitzerin Ruth Lesson in Duanesburg/New York ausgeliefert wurde. Sie behielt das Sportcoupé bis 1986 und verkaufte es dann an Ferrari-Sammler William G. Inglis in Kalifornien, wobei der ASA seit den 1970ern mit unbekannten Motorproblemen abgemeldet in der Garage stand. In den 1990ern beauftragte Mister Inglis den renommierten Experten Mike Regalia mit einer umfangreichen Restaurierung inklusive Neulackierung und neuen Sitzbezügen im originalen Material. Nach der Vollendung wechselte das Fahrzeug in die Autosammlung von Ed Brown in Albuquerque/New Mexico. Einige Jahre später gelangte der Wagen in eine weitere Sammlung und nun steht er bei Hyman zum Verkauf bereit. Aufgrund des aufwändigen und hochwertigen Fertigungsprozesses war der ASA 1000GT und 1100GT deutlich teurer als alle seine Mitbewerber, egal ob sie von Alfa Romeo, Abarth, Porsche oder Lancia stammten. Daher entstanden bis 1969 lediglich 52 Coupés, von denen 32 auf den US-Markt gelangten. Entsprechend selten gelangt ein solches Fahrzeug auf den Markt. Hyman ruft 149.500,- US$ für dieses Exemplar auf.

Noch deutlich seltener als das Coupé blieb die Spider-Version. Sie wurde nur 1965 und 1966 gefertigt. Genaue Zahlen gibt es nicht, Markenexperten vermuten jedoch eine Gesamtstückzahl zwischen 12 und 17 Stück. Nur zwei davon erhielten den oben erwähnten größeren Motor mit mehr Leistung. Einer dieser beiden stand in diesem Jahr zeitweise beim US-Händler Symbolic International zum Verkauf, hat aber inzwischen einen neuen Besitzer gefunden. Im Vergleich zum Coupé fällt das ausgeprägtere Stufenheck ins Auge. Ansonsten wurde die Eleganz des Bertone-Entwurfs gekonnt weiterverwendet.

Womit wir beim Thema Weiterverwendung sind: Nachdem die eigentliche Produktion des ASA 1000GT endete, entstanden weitere 20 Fahrzeuge in Coupé-Form, die den Namen ASA Berlinetta 411 trugen. Vier davon waren Wettbewerbsversionen für den Einsatz in Sportwagenrennen. Heute sieht man Sportwagen der Marke ASA selten und wenn dann allenfalls auf internationalen Klassikermessen wie der Techno Classica oder der Retromobile. Wenn Sie einmal die Chance haben, ein solches Fahrzeug aus der Nähe zu betrachten, nehmen Sie sich ruhig ein wenig Zeit, um die einzigartigen Details alle zu würdigen. Immerhin hätte dieser Sportwagen durchaus auch Ferrari heißen können.

Bilder: Hyman Ltd (Coupé), Symbolic International (Spider)