Chevrolet Corvette C1
Anfang 1953 stellte Chevrolet auf der Motorama im New Yorker Waldorf Astoria Hotel das seriennahe Konzeptfahrzeug eines Sportwagens namens EX-122 mit Kunststoffkarosserie vor. Angestachelt durch die mehr als positiven Reaktionen der Besucher begann die Produktion bereits im Juni 1953. Alles hatte damit begonnen, dass der damalige GM-Designchef Harley Earl als großer Sportwagenfan den 1951 eingeführten Nash-Healey auf einer Automesse erstmals erblickte. Entsprechende Roadster und Coupés – hauptsächlich aus Europa – erfreuten sich speziell bei amerikanischen Soldaten, die aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekehrt waren, großer Beliebtheit. Earl fiel es daher vergleichsweise leicht, den Vorstand von General Motors von einem solchen Auto zu überzeugen. Ab Ende 1951 liefen die Arbeiten, die vom Special Projects Team geleitet wurden. Um Außenstehende in die Irre zu führen erhielt das Fahrzeug den Namen „Project Opel“. Als Verkaufspreis versprach man bei der Weltpremiere rund US$ 2.000.
Technik aus dem GM-Konzernregal
Lediglich rund sechs Monate nach dem Debüt rollten erste Exemplare der Chevrolet Corvette im Werk Flint in Michigan vom Band. Um die Kosten niedrig zu halten verlangte der damalige GM-Vorstand Robert F. McLean die Verwendung von möglichst vielen Teilen aus dem Konzernregal. Somit verwundert es nicht, dass die Starrachsen und der Reihensechszylindermotor von anderen Chevrolet-Serienfahrzeugen stammten. Im Gegensatz dazu sorgten eine höhere Verdichtung und drei Fallstromvergaser für eine Leistungssteigerung auf 110 kW/150 PS und den Namen „Blue Flame“. Allerdings verfügte man bei GM über kein passendes Schaltgetriebe und musste daher eine Zweigang-Powerglide-Automatik verbauen. Diese schluckte einen guten Teil der Leistung und sorgte für eine Beschleunigungszeit von 11,5 Sekunden aus dem Stand auf 96 km/h (60 mph). In Flint lief die Produktion überwiegend in Handarbeit, wodurch die Fertigungsqualität zu wünschen übrig ließ.
Anfänglich kein Verkaufsschlager
Chevrolet wusste das auch und arbeitete hart an der Einrichtung einer vollwertigen Produktion in in St. Louis, Missouri. Ab Anfang 1954 war die Fertigungslinie bereit und wurde eingeweiht. Bis dahin waren lediglich 300 Exemplare in Flint gebaut worden. Technisch blieb dabei alles bei der Ausführung von 1953. Allerdings boten die Chevrolet-Händler gegen Aufpreis den Einbau eines Paxton-Kompressors zur Leistungssteigerung an. Ähnlich wie bei britischen Roadstern gab es bis 1956 nur Steckscheiben, keine versenkbaren Seitenscheiben. In Verbindung mit den eher enttäuschenden Fahrleistungen und den schwachen Trommelbremsen ergaben sich nur geringe Verkaufszahlen. Nicht wenige Entscheider im GM-Konzern wollten die Corvette daher lieber früher als später wieder aus dem Modellprogramm nehmen. Ende des Modelljahres 1955 folgte jedoch die Markteinführung des ersten Chevrolet-V8-Triebwerks seit 1919. Zora Arkus-Duntov baute diesen Motor in die Corvette ein und positionierte diese damit gegen den Ford Thunderbird.
1954er Corvette bei RM Sotheby’s
Durch den V8-Motor wurde die Corvette schließlich doch noch ein großer Verkaufserfolg, der sich in der inzwischen achten Modellgeneration fortsetzt. Rückblickend wurden auch die anfänglich ungeliebten Sechszylinder-Fahrzeuge aus der Anfangszeit zu gesuchten Klassikern. Auf die 300 Exemplare aus Flint folgten 1954 3.640 Stück und 1955 sogar nur 700, obwohl hier bereits 6- und 8-Zylinder-Fahrzeuge parallel vom Band liefen. Mit dem ersten größeren Facelift 1956 entfielen nicht nur die vergitterten Scheinwerfer, sondern auch die kleine Motorisierung. RM Sotheby’s bietet in der „Open Roads, December“-Onlineauktion aktuell eine 1954er Corvette C1 aus belgischem Vorbesitz an. Der schwarze Sportwagen zeigt ein rotes Kunstlederinterieur und ein beigefarbenes Verdeck. Neben Sicherheitsgurten und einem AM-Radio verfügt er über einen nachgerüsteten Tripmaster vom Typ Terratrip 303 Plus für Oldtimer-Rallyes und das originale Lenkrad. Als Zuschlagspreis erhofft sich RM 75.000 bis 95.000 €.
Bilder: RM Sotheby’s, Dirk de Jager