Maserati Mistral Spyder
Ab Anfang der 1960er Jahre begannen bei Maserati die Entwicklungsarbeiten für ein Nachfolgemodell des 3500 GT unter dem Projektkürzel AM 109. Dabei nahm man sich den 1961 in Genf präsentierten und von potenziellen Kunden stürmisch begrüßten Jaguar E-Type als Vorbild. Unter der Leitung des technischen Direktors Giulio Alfieri entstand ein komplett neues Fahrgestell mit einem Gitterrohrrahmen aus rechteckigen Stahlrohren, an den im hinteren Bereich ein Kastenrahmen angehängt wurde. Aufhängung und Federung stammten vom Vorgängermodell, wobei jedoch der Radstand um rund 20 Zentimeter kürzer ausfiel. Darüber entstand bei Pietro Frua in Turin eine Coupé-Karosserie mit senkrecht stehenden Scheinwerfern in ausgestellten Kotflügeln, einer Kühlluftöffnung unterhalb der verchromten vorderen Stoßstange und einer für Frua-Entwürfe typischen, ansteigenden seitlichen Fensterlinie. Innen bot der Wagen anfänglich nur Platz für zwei Personen. In späteren Modelljahren brachte Maserati auf Kundenwunsch jedoch zwei zusätzliche Notsitze im Fond unter. 1963 debütierte das neue Modell als ‚3500 GTI 2posti‘ auf dem Turiner Autosalon. So ging der Sportwagen schließlich auch in Serie. Erst drei Jahre später, mitten in der Produktion, wechselte man auf den Modellnamen Mistral, der vom französischen Maserati-Importeur Colonel John Simone in Anlehnung an den gleichnamigen Wind im Rhônetal vorgeschlagen wurde. Damit begann eine bis in 90er Jahre beibehaltene Tradition, nach der Maserati-Modelle Namen berühmter Winde erhielten.
Motoren und Fahrgestelle des 3500 GTI 2posti/Mistral entstanden direkt bei Maserati in Modena. Anschließend verlud man die Chassis auf Lastwagen und transportierte sie zur Firma Carrozzeria Maggiora in Turin, wo die Karosserien produziert und anschließend mit den Fahrgestellen vereint wurden. Dann ging es erneut auf LKWs zurück nach Modena zur Officine Padane. Dort erhielten die Wagen ihre Lackierung, Scheiben, Elektrik und Innenausstattung. Zurück bei Maserati verbaute man schließlich die Triebwerke, Getriebe, Bremsen und Aufhängungen. Diese Art der Produktion war aufwändig und damit kostenintensiv. Sie wurde jedoch auch beibehalten, als ab 1965 parallel zum Coupé die zweisitzige Spyder-Variante ins Programm aufgenommen wurde. Beide Karosserievarianten standen bis 1970 in den Maserati-Preislisten, rutschten in der Beliebtheit der Kunden jedoch ab 1966 durch die Markteinführung des von Giorgetto Giugiaro gezeichneten Ghibli deutlich ab. So entstanden lediglich 828 Coupés und 123 Spyder.
Anfänglich bot Maserati ausschließlich das leicht überarbeitete Reihen-Sechszylinder-Triebwerk mit 3,5 Litern Hubraum aus dem Vorgängermodell an, das wie im späten 3500 GTI und im 3500 GTI S (später ‚Sebring‘ genannt) 173 kW/235 PS leistete. Ab 1964 vergrößerte man den Hubraum auf 3,7 Liter, was eine Leistungssteigerung auf 180 kW/245 PS zur Folge hatte. Zwei Jahre später ergänzte man das Angebot um eine Vier-Liter-Version mit 188 kW/255 PS, die gegen Aufpreis erhältlich war. Der Mistral ist das letzte Maserati-Modell mit einem Reihenmotor. Alle späteren Fahrzeuge der Marke zeigen eine Zylinderanordnung im V auf.
Wie selten der Mistral als Spyder ist, haben wir weiter oben bereits erwähnt. Dass es jedoch innerhalb der 123 gebauten Exemplare noch eine Unterteilung gab, ergibt sich aus dem vorstehenden Absatz. Natürlich konnte der leistungsstärkste Motor auch für das offene Modell geordert werden, was immerhin 37-mal passierte. Ein solches Fahrzeug steht aktuell beim Oldtimerhändler Girardo & Co. zum Verkauf bereit. Es stammt aus dem Baujahr 1966 und wurde ursprünglich im Farbton ‚Argento Auteuil‘ (silber) mit schwarzem Lederinterieur in Rom ausgeliefert. Zu den vom Erstbesitzer bestellten Optionen gehörte neben dem Vier-Liter-Motor auch das seltene Hardtop in Wagenfarbe. Nach einigen Jahren in Österreich kehrte dieser Mistral nach Italien zurück, wo er bei Bacchelli & Villa komplett restauriert und in diesem Zuge dunkelgrün lackiert sowie mit beigefarbenem Leder ausgeschlagen wurde. Von 2012 bis 2016 gehörte das Fahrzeug zu einer bedeutenden Autosammlung in Mailand und seither dem aktuellen deutschen Besitzer. Girardo & Co. nennt den Preis für diesen wunderschönen Klassiker nur auf Anfrage.
Bilder: Girardo & Co., Cymon Taylor Productions