Porsche 356 B
Es hat etwas gedauert, aber hier ist endlich der dritte Teil zu unserer Berichteserie rund um die Porsche-356-Bauserien. Nach den Fahrzeugen, die man heutzutage als „Pre-A“ eingruppiert und dem offiziell 356 A genannten Wagen folgte im Herbst 1959 der Wechsel zum 356 B. Erneut handelte es sich dabei um tiefgreifende Modifikationen, die vom ursprünglichen 356 außer der Silhouette wenig übrig ließen. Die Karosserie wuchs um 60 Millimeter in der Länge und 20 Millimeter in der Höhe. Zudem wanderten die Stoßstangen und die Scheinwerfer etwas weiter nach oben, wodurch ihre Oberkante nahtlos in den oberen Bereich der vorderen Kotflügel überging. Neben dem klassischen Coupé blieb das Cabriolet im Programm. Daneben ersetzte der bei D’Ieteren in Belgien gefertigte Roadster das Convertible D. Ab 1960 kam das Hardtop Coupé hinzu, dessen Karosserie bei Karmann auf Basis des Cabriolets entstand. Das fest verschweißte Hardtop-Dach gab dem Wagen eine eigenständige Linienführung mit Stummelheck.
Vom T5 zum T6
Unterhalb der angehobenen Stoßstangen sorgten neue Lufteinlässe für eine verbesserte Kühlung der vorderen Trommelbremsen. Diese bestanden im Gegensatz zu den Vorgängerfahrzeugen nun aus Leichtmetall. In die Chromzierleiste auf der Kofferraumhaube integrierte man das Porsche-Logo. Weitere Chromzierleisten fanden sich nun auch unterhalb der Türen in den Schwellern. Neben der Bezeichnung 356 B findet man in der Fachliteratur häufig auch das Kürzel „T5“, das auf die modifizierte Karosserie hindeutet. Zum Ende der Produktionszeit des 356 B gab es weitere Veränderungen, die zum Kürzel „T6“ führten. So hatte der Wagen ab Herbst 1961 zwei Lufteinlässe in der Motorhaube anstatt nur eines. Vorn wurde die Kofferraumhaube im unteren Bereich breiter und kantiger. Erstmals lag nun der Tankdeckel außerhalb des Kofferraums unter einem Deckel im vorderen rechten Kotflügel. Passend dazu gab es einen flacheren Tank und dadurch mehr Platz für Gepäck.
Topmotorisierung ab Ende 1961
Antriebsseitig verabschiedete sich Porsche mit der Einführung des 356 B endgültig von der Einführungsmotorisierung 1300. Stattdessen bildete nun eine Variante des 1600 mit 44 kW/60 PS die Basis. Darüber rangierten der 356 B 1600 Super mit 55 kW/75 PS und der 356 B 1600 Super 90 mit 66 kW/90 PS. Für die Kraftübertragung stand jeweils ein manuelles Viergang-Getriebe bereit. Kunden, denen die Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h beim Super 90 nicht ausreichte, mussten bis zur Premiere des 356 B 2000 GS Carrera 2 warten. Dieser kam zum Modelljahr 1962 mit 96 kW/130 PS und erstmalig serienmäßig mit Scheibenbremsen. Der Boxermotor verfügte im Topmodell über obenliegende Nockenwellen, die über eine Königswelle angetrieben wurden. Den Carrera 2 gab es nur als Coupé oder Cabriolet.
Motorsport-Varianten
Von Anfang an gab es den 356 B auf Wunsch auch als gewichtsoptimierte Variante für den Motorsport. Bis 1961 gab es den 356 B 1600 GS Carrera GT mit 85 kW/115 PS. Parallel entstanden bei Abarth 20 Exemplare des Carrera GTL mit strömungsgünstigerer Karosserie. Im Vergleich zum normalen 356 war der GTL rund 140 Kilogramm leichter und verglichen mit dem normalen Carrera GT von Reutter sank das Gewicht um etwa 20 Kilogramm. Basierend auf dem 356 B 2000 Carrera 2 entstand der GS-GT mit Türen und Hauben aus Leichtmetall, Holzlenkrad, Seiten- und Heckfenstern aus Plexiglas sowie ohne Rückbank und Stoßstangen. Mehrere Tuningsätze erhöhten die Leistung auf bis zu 114 kW/155 PS. Diese Basis nutzte Porsche, um für die 24 Stunden von Le Mans 1962 einen Prototyp mit komplett neuer Karosserie zu entwickeln. Mit deutlich abgesenktem Bug und plötzlich hinter dem Dach abreißender Linie erhielt das Auto schnell den Spitznamen „Dreikantschaber“.
Erfolge im Rennsport
Während die Optik des „Dreikantschaber“ nicht jeden Betrachter überzeugte, konnten die Motorsporterfolge dies tun. Zum Rennen in Le Mans waren die neuen Autos nicht rechtzeitig fertig geworden. Dort fuhr Porsche mit dem älteren 356 B Carrera GTL und errang trotz des kleinen 1,6-Liter-Motors die siebte Gesamtposition. Hinzu kam der Klassensieg in der entsprechenden Hubraumkategorie. Herbert Linge und Edgar Barth setzten 1963 den „Dreikantschaber“ bei der Targa Florio ein und errangen Platz drei. Später im Jahr fuhr ein anderes Exemplar mit Herbert Linge, Edgar Barth, Hans-Joachim Walter und Ben Pon am Steuer auf Platz vier insgesamt und Rang eins der GT-Klasse bis 2 Liter Hubraum beim 1.000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring. Einige Privatfahrer erhielten „Dreikantschaber“ mit dem kleineren 1600er Motor.
Als Coupé günstig, ansonsten wertvoll
Laut unabhängigen Marktbeobachtern beginnt der Einstieg in das Abenteuer Porsche 356 B bei rund 60.000 € für einen 1600 als Coupé im Zustand 2. Generell sind die Coupés, vermutlich aufgrund ihrer Häufigkeit, günstiger als die anderen Karosserievarianten. So liegt der Marktwert eines guten 356 B 1600 als Cabriolet bereits bei etwa 111.000 € und als Roadster bei 149.000 €. Nochmals deutlich mehr müssen für einen Carrera 2, Carrera GTL oder gar einen echten „Dreikantschaber“ ausgegeben werden. Beispielsweise erzielte RM Sotheby’s letztes Jahr im März in der Onlineauktion „Open Roads“ für einen 356 B Carrera 2 das Höchstgebot von 355.000 €. Als Cabriolet hätte das Fahrzeug vermutlich die 500.000-€-Schallmauer durchstoßen.
Bilder: Porsche