Porsche 907

Geschichte ist unersetzlich. Das gilt für Gebäude, historische Artefakte und insbesondere auch für Oldtimer. Dass sich ein berühmter Vorbesitzer extrem auf den Wert eines Autos auswirken kann, wissen viele Leser mit Sicherheit. In Deutschland und einigen anderen Ländern erinnert man sich in diesem Zusammenhang beispielsweise an einen unscheinbaren, grauen Volkswagen Golf IV. Dieser Wagen wurde 2005 versteigert und brachte 189.000 € ein. Der Grund war einfach: Er gehörte einst Kardinal Ratzinger, der zu diesem Zeitpunkt als Papst Benedikt im Vatikan wirkte. Noch gravierender verhält sich der Wertzuwachs bei Rennfahrzeugen, wenn diese erfolgreich an einem oder mehreren Rennen teilgenommen haben. Zum Glück für potenzielle Käufer ist diese Preiskurve nicht exponential an die Menge der Veranstaltungen gebunden. Sonst würde Artcurial morgen bei einer Versteigerung im Rahmen der Retromobile in Paris wohl alle Rekorde brechen. Immerhin kann der dort angebotene Porsche 907 auf eine beachtliche Rennhistorie zurückblicken, die wir im folgenden auflisten möchten.

Beachtliche Rennhistorie

  • 19.05.1968 – 1000 km Nürburgring – Neerpasch/Buzzetta – 4. Platz insgesamt
  • 02.02.1969 – 24h Daytona – Soler-Roig/Lins – Ausfall
  • 22.03.1969 – 12h Sebring – Soler-Roig/Lins – 4. Platz insgesamt
  • 25.05.1969 – Bergrennen Montseny – Soler-Roig – 4. Platz insgesamt, Klassensieg
  • 01.06.1969 – Bergrennen La Bastida – Soler-Roig – Gesamtsieg
  • 15.06.1969 – Jarama Prueba 15 de Junio – Soler-Roig – Gesamtsieg
  • 26.10.1969 – 6h Jarama – de Bagration/Tramont – Ausfall
  • 01.03.1970 – Jarama Copa Alfil – Wicky – 5. Platz insgesamt
  • 30.03.1970 – Nogaro Coupes des Pâques – Rouveyran – 2. Platz insgesamt
  • 12.04.1970 – Vortest in Le Mans – Rouveyran/Wicky – 6. Platz insgesamt
  • 19.04.1970 – Paul Ricard Trophée International – Larrousse – Ausfall
  • 25.04.1970 – 1000 km Monza – Wicky/Cabral – 15. Platz insgesamt, Klassensieg
  • 24.05.1970 – Montlhéry Grand Prix de Paris – Wicky – 6. Platz insgesamt
  • 31.05.1970 – 1000 km Nürburgring – Wicky/Cabral – 9. Platz insgesamt, Klassensieg
  • 14.06.1970 – 24h Le Mans – Wicky/Hanrioud – Ausfall
  • 15.07.1970 – Hockenheim Südwest-Pokal – Wicky – 6. Platz insgesamt
  • 30.08.1970 – Bergrennen Urcy – Wicky – Platzierung unbekannt
  • 06.09.1970 – 500 km Nürburgring – Wicky – Ausfall
  • 18.10.1970 – 1000 km Montlhéry – Wicky/Rouveyran – Ausfall
  • 08.11.1970 – Casablanca Circuit de la Corniche – Wicky – 2. Platz insgesamt
  • 18.04.1971 – Vortest in Le Mans – Mattli/Brun/Meier – 11. Platz insgesamt
  • 13.06.1971 – 24h Le Mans – Mattli/Brun – 7. Platz insgesamt, Kategoriesieg, Klassensieg
  • 08.08.1971 – Bergrennen Oberhallau – Mattli – 3. Platz in der Klasse
  • 15.08.1971 – Hohenlohner Flugplatzrennen Niederstetten – Mattli – Klassensieg
  • 25.09.1971 – Bergrennen Mosen-Schwarzbach – Brun – Gesamtsieg
  • 10.10.1971 – Montlhéry Coupes du Salon ‚Garal‘ – 5. Platz insgesamt
  • 24.10.1971 – Casablanca Circuit de la Corniche – Cohen-Olivar – Ausfall
  • 11.03.1972 – Collonges Sprintrennen – Wicky – Gesamtsieg
  • 19.03.1972 – Vortest in Le Mans – Cohen-Olivar – 12. Platz insgesamt
  • 25.04.1972 – 1000 km Monza – Mattli/Bayard – 4. Platz insgesamt, Klassensieg
  • 30.04.1972 – Bergrennen Monts du Jura – Bernard Bugnon – 2. Platz in der Klasse
  • 07.05.1972 – Slalomrennen Payerne – Wicky – Klassensieg
  • 14.05.1972 – Montlhéry Coupes de Vitesse – Aeschlimann – 7. Platz insgesamt
  • 11.06.1972 – 24h Le Mans – Mattli/Bayard/Brun – 18. Platz insgesamt, 2. Platz in der Klasse
  • 18.06.1972 – Slalomrennen Sion – Wicky – 2. Platz in der Klasse
  • 22.10.1972 – Dijon-Prenois Swiss races – Carron – Klassensieg
  • 01.04.1973 – Bergrennen Ampus Draguignan – de Libran – Platzierung unbekannt
  • 22.04.1973 – Dijon-Prenois FRC-Ostermeeting – Degoumois – 3. Platz in der Klasse

907-031 war ein Werksrennwagen

Bei heutigen Rennfahrzeugen ist eine solche Menge von Veranstaltungen über einen Zeitraum von sechs Jahren unvorstellbar. Im zweiten oder dritten Jahr wären neuere Konstruktionen soweit überlegen, dass man nur noch um die hinteren Plätze mitfahren würde. Mit den Kunststoffrennwagen von Porsche war dies jedoch anders. Die privaten Besitzer konnten nicht nur die Werksautos angreifen, sondern auch über Jahre hinweg konkurrenzfähig an den Start gehen. Tatsächlich gehörte dieser Porsche 907 mit der Fahrgestellnummer 907-031 zum Werksteam beim 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring 1968. Damals tobte bereits der Wettbewerb zwischen Porsche und Ford um den Titel in der Sportwagen Weltmeisterschaft. Zwei 908 und zwei 907 traten am Nürburgring gegen eine Meute GT40 an. Letztlich behielt Porsche die Oberhand. Ein 908 und ein 907 lagen im Ziel vor dem besten GT40. Auf Platz vier folgte 907-031, der zwischenzeitlich mit fast leerem Tank im Kriechgang an die Boxen gerollt war.

907 führte Porsche auf Erfolgsspur

Porsche hatte den 907 im Jahr 1967 als Weiterentwicklung und Nachfolger des 910 vorgestellt. Damit wich man von der gewohnten Art ab, die Fahrzeuge nach den aufeinander folgenden, nummerierten Entwicklungsprojekten zu benennen. Da die Motorsportbehörde FIA für die Saison 1968 ein Hubraumlimit von drei Litern in der Prototypenklasse und fünf Litern in der Sportwagenklasse verkündet hatte, mussten Ford und Ferrari ihre bisherigen Autos ausmustern. Bei Porsche war ein drei Liter großer Achtzylinder-Rennmotor bereits in der Entwicklung, aber noch nicht fertig. Daher sorgte man durch aerodynamische Feinarbeit dafür, mit den bereits vorhandenen 2,0 und 2,2 Liter großen Rennmotoren Siege feiern zu können. In der Saison 1967 lief der 907 als Langheck, wodurch er im Vergleich zum 910 rund einen halben Meter länger war. Für das Folgejahr gab es dann das weiterentwickelte Auto mit Kurzheck, Aluminiumgitterrohrrahmen und besserer Cockpitbelüftung.

Zweites Leben bei Privatrennteams

Tatsächlich markierte das 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring bereits die Wende für den Porsche 907. Erstmalig war der neue 908 mit am Start und etablierte sich durch den Gesamtsieg. Das Werksteam setzte anschließend nur noch in Spa-Francorchamps auf den 907. Alle Werksrennwagen dieses Typs wurden daraufhin verkauft. So gelangte 907-031 am 10. Januar 1969 in den Besitz von Alejandro Soler-Roig in Barcelona. Nach diversen Renneinsätzen verkaufte er den Wagen 1970 an das Wicky Racing Team von André Wicky aus der Schweiz. Bis 1973 startete der 907 unter anderem dreimal bei den 24 Stunden von Le Mans. Ende der 1970er Jahre verkaufte das Wicky Racing Team einige ältere Rennautos. So gelangte 907-031 in die Sammlung von Albert Eggs, der den Wagen restaurierte. Anschließend stellte er das Rennfahrzeug 1979 auf einer lokalen Ausstellung in Sierre (Kanton Wallis) aus. 1983 bot Eggs den 907 in einer Annonce in der Auto Motor und Sport an.

Drittes Leben im historischen Motorsport

Seither gehört der Rennwagen zur Sammlung von Ernst Schuster, einem deutschen Amateurrennfahrer. Mit einem Porsche 936 C belegte er 1986 den sechsten Platz in Le Mans. Den 907 setzte er gezielt im historischen Motorsport ein. Hierfür ließ er das Auto umfangreich restaurieren. Chassis und Antriebsstrang gingen hierfür zu Butch Dennison in der Nähe von Seattle. Derweil sorgte Robert Hatchman in Oregon für eine Überholung der Karosserieteile aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Valentin Schäffer und Gustav Nietsche kümmerten sich um den Achtzylinder-Rennmotor. Insgesamt dauerten diese Arbeiten von 1991 bis 1995. Seither war der 907 unter anderem bei der Tour Auto und beim Le Mans Classic am Start. Insgesamt baute Porsche nur 21 Exemplare des 907. 907-031 war der vorletzte Wagen dieser Baureihe, der in Handarbeit entstanden ist. Das von Artcurial angebotene Fahrzeug wird auf einen Zuschlagspreis zwischen 4.000.000 und 6.000.000 € geschätzt.

Bilder: Artcurial, Peter Singhof