Porsche 911 Carrera RSH 2.7

Als Porsche 1972 ein neues Fahrzeug für Sportwagenrennen benötigte, entschloss man sich, den 911 S als Basis zu nutzen. Die Motorsportbehörde FIA hatte kurz zuvor bekanntgegeben, für 1972 die 5-Liter-Klasse abzuschaffen. Damit konnte der erfolgreiche 917 nicht mehr in der Weltmeisterschaft und beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans antreten. Um in die Gruppe 4 für GTs und Spezialtourenwagen einsteigen zu können, entstand also ein neues Rennfahrzeug. Hierfür mussten mindestens 500 baugleiche Homologationsfahrzeuge hergestellt werden. Porsche erweiterte den Hubraum des Sechszylinder-Boxermotors auf 2,7 Liter. In die Frontschürze integrierte man eine Öffnung für einen Ölkühler, die beim Straßenwagen geschlossen war. Um weniger Auftrieb an der Hinterachse zu erzielen, formte man zudem den heutzutage berühmten „Entenbürzel“-Heckspoiler auf der Motorhaube und leicht verbreiterte Radhäuser. So gerüstet debütierte der 911 Carrera RS 2.7 im September 1972 auf dem Pariser Salon.

Verkaufsflop wurde zum Erfolg

Ursprünglich hatten die Marketing- und Verkaufsstrategen von Porsche ernsthafte Zweifel daran, dass sich 500 Exemplare des Carrera RS verkaufen lassen würden. Um es den komfortgewohnten Kunden angenehmer zu machen, bestanden sie daher auf zwei unterschiedlichen Varianten. Neben der normalen Variante (M471, Lightweight) mit dünnwandiger Karosserie gab es die Touring-Spezifikation (M472) mit mehr Ausstattung bis hin zum optionalen Schiebedach. Vom Lightweight entstanden letztlich 200 Stück. Derweil musste Porsche beim Touring jedoch nachlegen. Auf die ersten 300 Exemplare folgte eine zweite Auflage von weiteren 500 Autos und schließlich sogar eine dritte. Am Ende liefen insgesamt 1.580 Exemplare des Carrera RS vom Band, wobei diese Zählung auch die 55 Carrera RSR 2.8 umfasst. Außerdem bestellten 17 Kunden eine Ausführung, die selbst vielen Markenkennern nahezu unbekannt geblieben ist. Als RSH (H für Homologation, Umbaucode „0“) rollten diese Autos mit besonders wenig Komfortausstattung zu den Kunden.

Umbaucode 0 blieb extrem selten

Was hat es mit diesem ominösen Umbaucode „0“ auf sich? Porsche musste die ursprünglichen 500 Exemplare des Carrera RS allesamt in gleicher Ausführung anfertigen, die, um dem Reglement zu entsprechen, unter 1.000 Kilogramm wiegen musste. Daher entstanden alle Fahrzeuge erst einmal als „nackte“ Sportwagen ohne Ausstattung und wurden zu einer offiziellen Waage in Stuttgart transportiert. Nachdem dort das Gewicht und die Fahrgestellnummer festgestellt worden waren, gingen die Autos zurück ins Werk in Zuffenhausen, wo sie entsprechend der vorliegenden Bestellungen umgebaut wurden. Damit erfüllte Porsche den Buchstaben nach die Regeln, aber konnte dennoch Kundenwünsche erfüllen. Fahrzeuge mit dem Bestellcode „0“ wurden nicht umgerüstet und blieben daher bei 935 Kilogramm Leergewicht. Nur fünf Wagen gab es in der ersten Bauserie. In den beiden folgenden Serien gab es 12 weitere 0-Autos. Die meisten der 17 Exemplare gingen im Motorsport an den Start.

Über die Niederlande in die USA

Am 2,7-Liter-Motor änderte sich durch den Code „0“ nichts. Mit einem Magnesiumblock und nikasilbeschichteten Zylinderlaufbahnen sowie einer Bosch-Benzineinspritzung kamen 210 PS zusammen. In Verbindung mit einem neuen Fünfgang-Schaltgetriebe erreichte der Carrera RS bis zu 240 km/h Höchstgeschwindigkeit. Eines der 17 RSH-Exemplare lieferte Porsche am 1. Juni 1973 an den niederländischen Importeur Ben Pon aus. Pon arbeitete eng mit Vasek Polak in Kalifornien zusammen und verschiffte den 911 dorthin. Der erste private Besitzer des Autos, ein Texaner, geriet den Fahrzeugunterlagen zufolge mit seinen Ratenzahlungen in Rückstand. Daher verkaufte seine kreditgebende Bank den RSH an John Paul senior. Gemeinsam mit seinem Sohn, John Paul junior, nutzte er den Sportwagen bei Autocross-Veranstaltungen und wenigen Rennen. Über Tom Anderson, den Chef von Carrera Motors in Bend/Oregon, ging der 911 weiter an Monte Shelton.

Seltener Carrera RSH steht zum Verkauf

Rund um 1985 verkaufte Shelton das Auto an Mark Heininge, einen Porsche-Sammler in Oregon. Dieser ließ eine umfangreiche Restaurierung durchführen. Aufgrund der rostfreien und kompletten Ausgangsbasis gelang diese originalgetreu. Viel Arbeit floss einzig in die Wiederherstellung der Kotflügel, die ein vorheriger Besitzer gegen die eines 911 S/T 2.5 getauscht hatte. Bei der Restaurierung stellte sich heraus, dass der Motor mit der Prefix „633“ anstelle von „663“ gegossen worden war. Erst gingen selbst Experten im Werk in Zuffenhausen von einem Produktionsfehler aus. Dann stellte sich jedoch heraus, dass Porsche im zweiten Quartal 1973 von Magnesiumblöcken auf eine Aluminiumlegierung umgestiegen war und daher auch die Kennzeichnung verändert hatte. Aktuell bietet RM Sotheby’s dieses Fahrzeug im Rahmen der Private Sales zum Preis von 1.550.000 US$ an.

Bilder: RM Sotheby’s, Karissa Hosek