Rolls-Royce Silver Shadow Convertible

Aus dem Vorbesitz von Cassius Clay.

1965 beerbte Rolls-Royce den in die Jahre gekommenen Silver Cloud mit der komplett neu gestalteten Limousine Silver Shadow. Vor allem die Form der erstmals selbsttragenden Stahlkarosserie wirkte im Vergleich zu den Vorgängermodellen deutlich moderner und verabschiedete sich endgültig von den ausladenden Kotflügeln der Vorkriegszeit. Innen bot der Silver Shadow mehr Platz, obwohl seine Abmessungen kleiner ausfielen. Einzelradaufhängung, eine Zentralhydraulik mit Niveauregulierung nach Citroën-Patenten und Scheibenbremsen rundum hielten ebenfalls Einzug in die Serienfertigung. Gleichzeitig bedeutete die Abkehr vom klassischen Rahmenchassis für viele Karosseriebaubetriebe das Aus. In Großbritannien überlebten nur James Young und die zusammengelegte Firma H.J. Mulliner, Park Ward Ltd. Letztere wurde von Rolls-Royce 1966 mit der Fertigung eines Two Door Saloon beauftragt und baute ab 1967 zusätzlich auf dieser Basis auch das Convertible.

Unter die Motorhaube schraubte Rolls-Royce bis 1970 den 6,3 Liter großen V8 aus dem Silver Cloud III mit einem Viergang-Automatikgetriebe. Anschließend erfolgte ein Wechsel auf einen 6,75 Liter großen V8-Motor, der seine Kraft über ein Dreigang-Automatikgetriebe auf die Hinterräder übertrug. Die Leistung stieg dabei von rund 178 auf 200 PS, wobei die Briten selbst stets nur von ‚ausreichender Kraftentfaltung‘ sprachen. Während von der Limousine über 16.000 Exemplare vom Band liefen, blieben die Stückzahlen des Two Door Saloon und des Convertibles sehr zurückhaltend. Lediglich 505 offene Viersitzer entstanden zwischen 1967 und 1971 (anschließend folgte ein Namenswechsel auf Corniche), davon 272 mit dem Lenkrad auf der linken Seite. Kein Wunder, schließlich handelte es sich um die teuersten Ableger der Marke – rund 50 Prozent teurer als die Limousine! Ein solches Fahrzeug aus prominentem Vorbesitz steht am 5. Oktober beim ‚The Zoute Sale‘ von Bonhams zur Versteigerung bereit.

Dieser silbern lackierte Silver Shadow ging 1970 vom Rolls-Royce-Werk aus zum Händler in New Jersey, wo er im Dezember des gleichen Jahres an seinen Erstbesitzer übergeben wurde. Dieser hörte mit bürgerlichem Namen auf Cassius Clay und wurde in späteren Jahren unter seinem muslimischen Namen Muhammad Ali bekannt. Warum er sich diesen Wagen kaufte, kann heute nicht mehr sicher gesagt werden. Möglicherweise feierte er die Wiedererlangung seiner Boxerlizenz. Diese war ihm im Zuge des Vietnam-Krieges 1967 zusammen mit seinem Pass entzogen worden, als er sich aus religiösen Gründen dagegen wehrte, für die US Army den Dienst an der Waffe anzutreten. Ebenso erkannte ihm der Boxverband seinen Weltmeistertitel ab, während ein Gericht ihn wegen Wehrdienstverweigerung zu fünf Jahren Haft und 10.000 US$ Geldstrafe verurteilte. Gegen Kaution blieb ihm der Gang ins Gefängnis erspart, er musste jedoch volle drei Jahre auf Boxkämpfe verzichten, da er nicht reisen konnte.

Als er 1970 seinen Pass und seine Lizenz zurückerhielt, dürfte die Freude sehr hoch gewesen sein. Zudem war Cassius Clay Zeit seines Lebens ein großer Rolls-Royce-Fan, sodass der Kauf des teuersten Modells der Zeit vermutlich diesem Anlass entsprechend angegangen wurde. Nach rund sechs Jahren verkaufte er den Wagen an einen weiteren Besitzer in den USA. In der Folgezeit fand das Convertible seinen Weg zurück nach Europa und ist bereits seit vielen Jahren Teil einer niederländischen Sammlung. Eine komplette Restaurierung fand nie statt, einzig das Interieur mit den seltenen optionalen Kopfstützen erhielt mal frische Lederfarbe. Zur umfangreichen Dokumentation gehören nicht nur die Fahrzeugpapiere und das originale Ausstattungs-Datenblatt, sondern auch eine Kopie des temporären Führerscheins von Cassius Clay sowie ein Fotobuch und ein Abzug des Bildes von Cassius Clay und seiner engen Freundin Diana Ross am Rolls-Royce außerhalb vom Caesar’s Palace in Las Vegas, wo er 1973 gegen Joe Bugner kämpfte. Bonhams erwartet einen Zuschlagspreis zwischen 40.000,- und 60.000,- €.

Bilder: Bonhams