Voisin C27 Aérosport

Wenn ein Architekt Automobile baut, was kommt dann wohl heraus? Diese Frage lässt sich mit einem Blick nach Frankreich tatsächlich beantworten. Außerhalb des eigenen Landes ist der Name des Protagonisten leider inzwischen eher unbekannt und seine Fahrzeuge ebenso. Völlig zu unrecht, wie wir finden. Also zerren wir hiermit Gabriel Voisin einmal ins Licht der Öffentlichkeit. Er erblickte am 5. Februar 1880 in Belleville das Licht der Welt und lebte bis zum 25. Dezember 1973. Schon als Kind hatte er hohes technisches Interesse und baute mit seinem Bruder ein Dampfboot. Mit rund 20 Jahren verlagerte er sein Interesse zur Fliegerei. Erneut war sein jüngerer Bruder Charles mit dabei, als er ein Gleitflugzeug konstruierte. Zeitweise arbeiteten sie mit dem Flugpionier Louis Blériot zusammen. Neben seinem Studium der Architektur und des Maschinenbaus in Paris besuchte er Vorträge des Flugpioniers Ferdinand Ferber. Gemeinsam mit Ferber und dem Anwalt Ernest Archdeacon entstanden weitere Gleitflugzeuge.

Von Flugzeugen zum Automobil

1905 begründete Gabriel Voisin gemeinsam mit Louis Blériot eine eigene Flugzeugmanufaktur. Allerdings zerstritten sich die beiden Firmenchefs nach wenigen Monaten und trennten sich. Voisin stieg daraufhin mit der „Aéroplanes G. Voisin“ neu ins Geschäft des Flugzeugbaus ein. Schon nach kurzer Zeit entstanden neben Gleitfliegern auch erste motorisierte Modelle. Bis zum Ersten Weltkrieg erarbeitete sich Voisin einen hervorragenden Ruf. Sein Bruder Charles verstarb bei einem Verkehrsunfall im Jahr 1912. Durch Geschäfte mit der französischen Armee und anderen Militärs wurde die kleine Firma zu einem der erfolgreichsten Flugzeughersteller in der Kriegszeit. Dies brachte Gabriel Voisin ein ordentliches Vermögen ein. In der Nachkriegszeit verlagerte Voisin die Produktion weg von Flugzeugen und hin zum Automobil. Dabei arbeitete die Firma eng mit dem Automobilproduzenten André Citroën und dessen Ingenieuren zusammen.

Ende der Autoproduktion im Jahr 1939

Während bei Citroën ab 1919 erstmals der Typ A als kompaktes Fahrzeug entstand, baute Voisin zeitgleich den luxuriösen M1. Diese sechssitzige Limousine mit einem vier Liter großen Schiebermotor ging auf diverse Konstruktionsprinzipien und Ideen von André Citroën zurück. Da sich der Motor als zu teuer in der Produktion erwies, entstanden bald kleinere Luxusmodelle, angefangen beim C1. Beim C2 werkelte ein V12-Triebwerk mit 7,2 Litern Hubraum unter der Haube. Durch Erkenntnisse aus dem Flugzeugbau wie leichte Aluminiumkarosserien und aerodynamische Formen errangen die Modelle auch im Rennsport Erfolge. Zudem erzielte man bei Langstreckenfahrten Rekorde. Ab 1937 kaufte man Motoren beim amerikanischen Hersteller Graham-Paige zu. Durch finanzielle Probleme stellte Voisin 1939 die Automobilproduktion ein. Anschließend verkaufte er das Werk an den französischen Motorrad- und Flugzeughersteller Gnôme et Rhône. Gabriel Voisin blieb als Konstrukteur und Direktor der Firma vor und nach dem Zweiten Weltkrieg an Bord. Er konstruierte Motorräder und einen Kleinwagen.

C27 Aérosport erringt „Best of Show“-Preis

Insgesamt entstanden rund 11.000 Automobile bei Voisin. Sie waren stets unkonventionell und niemals preisgünstig. Gabriel Voisin hatte es jedoch geschafft, der Marke einen Stellenwert in der Riege von Marken wie Isotta Fraschini, Bugatti, Hispano Suiza oder Rolls-Royce zu erwerben. Besonders mit den Aérodyne-Modellen C24 und C25 hatte Voisin ab 1933 gezeigt, wie man luxuriöse Fahrzeuge noch edler machen könnte. Durch Mehrfarblackierungen, Art Deco und ein nach hinten gleitendes Dach zum Beispiel. Außerdem kündigte er die Typen C26 mit langem Radstand und C27 mit tieferem Chassis an. Von beiden entstanden letztlich nur jeweils zwei Exemplare. Der C27 debütierte 1935 auf dem Genfer Salon mit einer unglaublich schönen Aérosport-Karosserie, die in Kombination mit dem drei Liter großen Reihensechszylindermotor eine Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h ermöglichte. Nun errang eines der beiden Exemplare den „Best of Show“-Preis beim Concours of Elegance in Großbritannien.

Bilder: Concours of Elegance, Amy Shore, Charlie B., Tim Scott