Volkswagen XL1

Viele Autohersteller träumen aktuell von möglichst verbrauchsarmen Modellen, spätestens seitdem der neue Verbrauchszyklus WLTP in den Broschüren angegeben werden muss. Dass ausgerechnet Volkswagen an dieser Stelle der Zeit um fünf Jahre voraus war, mag aufgrund der vom gleichen Konzern ausgelösten aktuellen Dieseldiskussion fast ein wenig ironisch anmuten. Dennoch muss man neidlos anerkennen, dass der 2013 präsentierte XL1 in seltener Konsequenz aufzeigte, was technisch möglich ist. Vergleichbare Umsetzungen gab es zeitgleich allenfalls bei absoluten Supersportwagen, die sich jedoch traditionell an ein anderes Käuferklientel wenden.

Bereits 2002 zeigte VW mit der Studie 1L erstmals ein nur 390 Kilogramm schweres Fahrzeug, mit der internen Vorgabe, dass nur ein Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer verbraucht werden dürfe. Dass dies wirklich möglich war zeigte Firmenchef Ferdinand Piëch im gleichen Jahr bei einer medienwirksam durchgeführten Fahrt von Wolfsburg zur Konzernpressekonferenz in Hamburg auf, bei der er lediglich 0,89 Liter Diesel pro 100 Kilometern bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 72 km/h verbrauchte. Sieben Jahre später folgte mit dem L1 eine deutlich seriennähere Studie, bei der die beiden Passagiere immer noch, wie im 1L, hintereinander unter einer zur Seite schwingenden Glaskuppel saßen. Dies erinnerte sehr an den Messerschmitt Kabinenroller der 1950er Jahre.

2011 stand auf der Qatar Motor Show schließlich der erste Vorserienprototyp des XL1, bei dem man sich schließlich für eine breitere Karosserie mit schräg hintereinander angeordneten Sitzen entschieden hatte. Zudem hatte man die Hybridtechnologie zu einem Plug-In-Hybrid weiterentwickelt, dessen Akkus auch an einer Steckdose oder Stromladesäule aufgeladen werden können. Mit vollen Batterien und der Tankfüllung von 10 Litern Diesel erreicht der XL1 bis zu 550 Kilometer Reichweite. Trotz größerer Stirnfläche aufgrund der angewachsenen Breite liegt der Luftwiderstandswert bei nur 0,186. Das Gewicht stieg bis zur Kleinserienproduktion im von Karmann übernommenen Werk in Osnabrück auf 795 Kilogramm – und das obwohl Monocoque und Karosserie aus Kohlefaser gefertigt wurden sowie durch Magnesiumfelgen, Keramikbremsen und den Einsatz von Leichtmetallen weiteres Gewicht gespart wurde. Erstmals gab es eine europäische Sondergenehmigung für den Einsatz von Rückfahrkameras anstelle von klassischen Rückspiegeln.

Im März 2013 stand die Serienversion des XL1 auf dem Genfer Automobilsalon. Kurz darauf lief die Kleinserie an, wobei im Vorfeld der Genfer Messe noch Produktionszahlen zwischen 100 und 1.000 Stück genannt wurden, dann im Februar 2013 von nur noch 50 Autos, die Rede war, die über ein spezielles Leasing angeboten würden und dann auf der Messe selbst wieder von 250 Autos gesprochen wurde. Kurz vor der Markteinführung gab Volkswagen im September des gleichen Jahres den Grundpreis von 111.000,- € bekannt. Letztlich entstanden 200 Exemplare für Privatkunden und einige Vorserienprototypen. Während unter diesen Prototypen auch ein Wagen in Rot metallic war, gab es für das Serienauto nur die Wahl zwischen Weiß oder Silber metallic.

Unter der hinteren Haube verbirgt sich ein Zweizylinder-Turbodieseltriebwerk mit lediglich 800 Kubikzentimetern Hubraum, das allein 35 kW/48 PS leistet. Hinzu gesellt sich ein Elektromotor mit weiteren 20 kW/27 PS. Kombiniert oder einzeln gelangt die Leistung über ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe auf die Hinterräder. Rein elektrisch sind 50 Kilometer möglich, wobei der Durchschnittsverbrauch zwischen 1,82 und 1,94 Litern auf 100 Kilometern liegt, je nachdem ob der Akku voll oder leer ist. Als Höchstgeschwindigkeit stehen 160 km/h in den Papieren. Und um den aktuellen Dieselgegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen: Der XL1 war bereits 2013 in der Abgasklasse Euro6 eingestuft, war also auch hier seiner Zeit voraus.

Während der Großteil der Kleinserienfertigung auf dem deutschen Markt verblieb, gingen wenige Exemplare auch nach Österreich, in die Schweiz und nach Großbritannien. Allerdings gab es den Volkswagen XL1 ausschließlich als Linkslenker. Einer der wenigen Wagen in britischer Hand kommt im Rahmen der NEC Classic Motor Show am 10. November beim Auktionshaus Silverstone Auctions unter den Hammer. Dabei wird ein Zuschlagspreis zwischen 95.000 und 115.000 GBP (rund 107.000,- bis 129.500,- €) erwartet.

Bilder: Volkswagen (Galerie 1), Silverstone Auctions (Galerie 2)